Geostrategy Fund: unentdeckte Perle oder Marketing-Gag?

Fiel mir kürzlich in der Rubrik „Fonds des Monats Juni“ an der Börse Hamburg auf.

Interessanterweise gab es trotz dieses Prädikats bislang noch keine Käufer. Weder heute (5.6.), noch in den letzten 12 Monaten. Siehe Umsätze an der Börse Hamburg.

Im Vergleich mit anderen Fonds ist der „Geostrategy Funds“ bisher auch ein wahrer Winzling: Das Volumen betrug lt. letztem Factsheet nur etwas mehr als 5 Mio Euro

Recherchiert man aber etwas tiefer, so erscheinen sowohl die Strategie, als auch die Wertentwicklung der letzten Jahre, sehr beachtlich:

 

Facts:

Die Anlagestrategie des ehemaligen „AHP Aristoteles Fonds“ wurde ab Januar 2021 geändert. Seit der Umbenennung wird der Geostrategy von den Fondsmanagern Jochen Reichert, Frank Rothauge, Kai-Uwe Dohne verwaltet.

Die TER der Insti-Tranche A1111G beträgt lt. Factsheet 1,23%. Für die R-Tranche findet man hingegen bei Hansainvest die Angabe 4,33(!)%. Dies ist sicherlich auch dem geringen Volumen geschuldet.

Lt. Webseite der Comdirect kann die Insti-Tranche mit 0% Ausgabeaufschlag erworben werden. Gem. Fondssupermarkt sollte dies auch bei der DAB-Bank möglich sein.

 

Strategie:

Zitat von Geostrategy Fund:

„ … Anlageziel … Portfolio so aufzustellen, dass es eine überdurchschnittliche Resilienz gegen geostrategische Risiken aufweist

bildet der Fonds drei Portfolios: Geostrategie-Portfolio | Alpha-Portfolio | Cash & Anleihen. …

Im Geostrategie-Portfolio investiert der Fonds in Unternehmen, die von geostrategischen Treibern profitieren oder bei Eintritt von geostrategischen ad-hoc Marktschocks eine geringe Korrelation zur Marktreaktion aufweisen. Damit soll das Portfolio in Schock-Phasen stabilisiert werden.

Im Alpha-Portfolio werden Stock-Picking Ideen umgesetzt…

Je nach geostrategischer Lage passt der Fonds die Gewichtungen zwischen Geostrategie- und Alpha-Portfolio an.

… investiert vorwiegend in Aktien von Unternehmen aller Größenklassen mit Fokus auf Europa. Der Fonds kann je nach Marktlage den Anteil der Liquidität erhöhen und zusätzlich Anleihen als Liquiditätsersatz halten. Darüber hinaus können Marktrisiken in Rahmen eines risikobasierten Ansatzes mittels Derivate abgesichert werden. …

Der GSF Risk Index ist ein Risikomaß, mit dem die geostrategischen ad-hoc Risiken für die Märkte eingeschätzt werden… basiert auf bis zu 20 geostrategischen Faktoren, die bewertet und gewichtet werden. Daraus wird ein gewichteter Durchschnitt berechnet, der die geostrategischen Marktrisiken zeigen soll. …“

 

Asset Allocation:

Lt. Factsheet bei Hansainvest betrug der D-Anteil in 04/24 ca. 62%. Größte Einzelpos.: Ionos, JDC, Elmos, KWS und 1&1. Gemäß dem Halbjahres-Bericht vom 31.3.24 waren ca. 76% Aktien und 11% in Anleihen investiert.

Eine Benchmark wird nicht erwähnt. Lt. den vorliegenden Unterlagen wurde zumeist in Mid- und Smallcaps investiert.

 

Artikel in der Fachpresse:

Bislang wurde der Geostrategy nur selten erwähnt. Ausnahmen: Fundresearch im Sept. 2023. Zitat: „Politische Börsen haben keine kurzen Beine … höchst aktive Investment-Strategie mit dem Ziel, die Risiken von geostrategischen ad-hoc Marktschocks abzufedern. Zudem setzen sie auf Titel, die von strukturellen politischen Weichenstellungen profitieren sollten …“

Börse Hannover im Okt. 2023. Zitat: „…Die Welt befindet sich in einer neuen Dekade der geopolitischen Unsicherheit, in der das Risiko für geopolitisch ausgelöste Marktschocks deutlich gestiegen ist … investieren wir einen Teil des Portfolios in Unternehmen die von geostrategischen Trends profitieren oder gegen geostrategische Marktschocks einen hohen Grad an Resilienz aufweisen…“

 

Performance und Vergleiche mit ähnlichen Fonds:

Bei Capinside belegt der „Geostrategy“ aktuell Platz 1 in der Performance-Rangliste der Kategorie „Mischfonds dynamisch Europa“. Wie man aus dem Risiko/Rendite-Chart (weiter unten auf der Seite) ersehen kann, gehört er allerdings auch zu den etwas volatileren Produkten: Capinside

Morningstar kategorisiert den Fonds als „Midcap Blend“ und ordnet ihn in die Peergroup „Mischfonds EUR flexibel“ ein. Auf der offiziellen Webseite von Geostrategy wird der Fonds als „aktienorientierter Mischfonds mit Fokus auf geostrategische Chancen und Risiken“ bezeichnet.

Aufgrund des Deutschland Anteils von mehr als 60% und der nur geringen Anleihen-Allokation kann man den Geostrategy wohl am ehesten mit den folgenden Fonds vergleichen:

Squad Value (A0B7ZX), Value Opportunity (A0RD3R), GS&P Dt. Aktien TR (A0D9KW). Alles mehr oder minder alte Bekannte, welche schon seit vielen Jahren am Markt sind und häufig zu den Besten in Ihrer Kategorie zählten. Aufgrund des hohen D-Anteils habe ich den ETF Ishares Mdax (533992) dazu genommen.

Chartvergleich 3 Jahre (Zeitraum 31.5.21 – 31.5.24):

Geostrategie Chart 3 Jahre
Geostrategie Chart 3 Jahre

In punkto Performance ein überzeugendes Ergebnis des Geostrategy.

Rendite-Risiko: Onvista vermerkt aktuell über 3 Jahre eine Sharpe-Ratio (annualisiert) von 0.98% bei einem MDD von -17,5% und einer Vola von 10,4%. Zum Vergleich: der Squad Value, welcher im obigen Chart die zweitbeste Perf. generierte, weist lt. Onvista aktuell eine Sharpe-Ratio (annualisiert) von 0.36% bei einem MDD von -20,3% und einer Vola von 8,6% auf.

Im Vergleich mit Fonds mit ähnlicher Asset Allocation lieferte der Geostrategy bislang ein sehr überzeugendes Ergebnis ab. Trotzdem sollte man die schwache Phase von ungefähr Mitte April bis Ende September 2022 nicht übersehen: in dieser kam der MDD von -17,5% zustande. Im gleichen Zeitraum verloren die anderen, aktiv gemanagten Fonds etwas weniger. Der Mdax und der entsprechende ETF erlitten hingegen einen Einbruch von fast -30%.

Genauer muss man die Kernkompetenzen des Fonds betrachten (Zitat: „… bei Eintritt von geostrategischen ad-hoc Marktschocks eine geringe Korrelation zur Marktreaktion aufweisen…) :

Geostrategy Chart 3 Monate
Geostrategy Chart 3 Monate

Februar 2022: in den Tagen nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine mussten der Geostrategy und der Value Opportunity die geringsten Einbußen hinnehmen.

 

Fazit:

in Bezug auf die Eingangsfrage lässt sich feststellen, dass der „Geostrategy“ bei detaillierter Betrachtung keineswegs wie ein Marketing-Gag wirkt. Eher schon wie eine bislang fast unbeachtete Perle am Fondsmarkt. Allerdings mit kleinen Schönheitsfehlern.

Die Performance und der Vergleich mit den Wettbewerbern fallen positiv auf. Die Strategie wirkt gut gedacht und die Fondsmanager haben seit der Neuausrichtung Anfang 2021 einen richtig guten Job gemacht.

Der größte Schönheitsfehler ist das Volumen von knapp über 5 Millionen Euro. Zwar gibt es keinen Richtwert, ab welcher Größe ein Fonds rentabel ist. In der Vergangenheit haben KVG´s jedoch schon des Öfteren Fonds geschlossen, welche langfristig unter einem Volumen von ca. 15-20 Millionen Euro blieben.

Es überrascht, dass der Geostrategy trotz seines hochaktuellen Ansatzes noch nicht stärker in den (Fach)Medien thematisiert wurde. Vielleicht liegt es aber auch am Zeitgeist (Hausse durch A.I. und die Magnificient 7), dass Fonds mit Absicherungsstrategien bislang noch keine große Rolle in den Medien spielen. Und auch eben so wenig in der Anlegergunst. Siehe u. a. auch Aiquity, Alphatrend, Finlium und der, hier im Blog im Januar 2022 porträtierte: Timminvest Europa

 

 

Copyright © 2024 investmentfonds.blog – alle Rechte vorbehalten
Hinweis: dieser und andere Beiträge stellen KEINE Anlageberatung dar, sind keine Empfehlungen und geben ausschließlich meine persönliche und private Meinung wieder.  Zu möglichen Interessenkonflikten u.v.a.m. siehe ausführliche Hinweise unter https://investmentfonds.blog/disclaimer/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert